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Karl Kupisch: Das Volk der Geschichte

Randbemerkungen zur Geschichte der Judenfrage

Lettner-Verlag Berlin Stuttgart, 1960 – 250 S. TB

 

Das kleine, schöne Buch von Karl Kupisch behandelt einen Zeitraum von 2000 Jahren jüdischer Geschichte von der Zeitenwende an und der Entstehung des Christentums bis in die Gegenwart. Der Autor zeichnet die jüdische Geschichte als Historiker und als Theologe. Als Historiker geht er auf die Quellen jüdischen Denkens ein, als Theologe hilft er für das Verständnis, dass die Glaubensfrage auch eine entscheidende Frage des Lebens sein kann. Als Schriftsteller schließlich entfaltet er einen literarischen Stil von seltener Schönheit. Im Blick auf das 1700jährige Jubiläum jüdischen Lebens in Deutschland - 2021 - trägt er wesentlich zu einer guten und fundierten Meinungsbildung bei.

 

Der Brennpunkt liegt in der Schilderung der Licht- und Schattenseiten christlich-jüdischer Beziehungen in Europa. Dass die jüdische Gemeinde von Anfang an ein Kulturträger war und bis heute ist, geht über die bloße religionsgeschichtliche Frage weit hinaus. Wenn sich die Kirche von dieser Erkenntnis entfernt hat, dann ist sie einen Irrweg gegangen. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch des Herrn Mund geht.“ Der Autor führt den Leser über diese Einsicht zu neuen Erkenntnissen der geschichtlichen Zusammenhänge.

 

Denn „Jesus gehört in die Geschichte“. Folgerichtig beginnt das Kapitel zur Reforma- tionszeit: „Luther und die Juden“, um ein Beispiel zu nennen, mit der Würdigung des Renaissance-Humanismus und dem epochemachenden Wirken Johannes Reuchlins.

 

Das Buch umfasst zehn Kapitel und einen ausführlichen Anhang mit wichtigen Dokumenten aus dem jüdischen Leben und der Kirche. Es wird wohl kaum jemanden geben, der das Buch aus der Hand legt, ohne einen Gewinn davon gehabt zu haben. Denn es handelt sich nicht nur um „Randbemerkungen“ wie es Karl Kupisch mit einem leicht ironischen Unterton notiert.